Von der Burg zur Festung

In der Römerzeit durchquerten zwei konsularische Straßen das aktuelle Gebiet der Stadt Luxemburg, welche sich am Marché-aux-Poissons kreuzten, an dem sich ein Wehrturm befand. Ein kleines Kastell an diesem Standort ging im Rahmen eines Tauschgeschäfts mit der Trierer Abtei St. Maximin im Jahr 963 in den Besitz von Graf Siegfried über, ein naher Verwandter der Kaiser von Deutschland und der Könige von Frankreich. Beim „Bock“, nicht weit von diesem Kastell mit dem Namen „Lucilinburhuc“, ließ Siegfried seine Burg errichten, die heute als Wiege der Stadt, des Landes und der Nation gilt. Im Jahr 965 schützte eine erste Befestigungsmauer die Burg vor den feindlichen Truppen.

Ab 1050 erwies sich eine Vergrößerung der Ortschaft als unerlässlich und es wurde parallel zur ersten eine zweite Mauer auf der Höhe der heutigen Rue du Fossé errichtet. Im Jahr 1244 stellte die Gräfin Ermesinde der Stadt ihren Freiheitsbrief aus. Im Jahr 1320 wurde in der Oberstadt unter der Herrschaft von Johann dem Blinden mit weiteren Befestigungsarbeiten begonnen, die erst 1398 abgeschlossen wurden. Die Befestigungsanlage der Unterstadt (Grund) wurde zwischen 1387 und 1395 erstellt. Im Jahr 1354 wurde Luxemburg zum Herzogtum.

Ab der Übernahme der Festung im Jahr 1443 durch burgundische Truppen unter Philipp dem Guten nahm die Stadt Luxemburg, eine der sichersten Befestigungsanlagen des Kontinents, endgültig an den geostrategischen Machtkämpfen innerhalb Europas teil, die den Großmächten dieser Epoche zur Verteidigung ihrer Interessen dienten. Durch Heirat ging die Stadt, einschließlich sämtlicher burgundischer Besitztümer, im Jahr 1447 an die österreichischen Habsburger über. Im Jahr 1542 nahmen die französischen Truppen von Franz I. die Festung ein, die im Jahr 1554 durch die kaiserlichen Truppen zurückerobert wurde. Nach der Belagerung durch Ludwig XIV. zwischen 1683 und 1684 eroberten die französischen Truppen die Festung unter der Führung von Vauban zurück. Zwischen 1684 und 1688 ließ Vauban von über 3000 Arbeitern riesige Befestigungsanlagen errichten. Infolge des Friedens von Rijswijk stand die Stadt ab 1698 unter spanischer Verwaltung, die 1701 wieder von Frankreich übernommen wurde. Nach dem Vertrag von Utrecht im Jahr 1713 verdrängten die Holländer die Franzosen für zwei Jahre, bevor die österreichischen Truppen die Festung im Jahr 1715 in ihren Besitz nahmen und sich dort für eine Dauer von 80 Jahren niederließen.

Die Festung von Luxemburg stellte künftig eine der wichtigsten strategischen Säulen der Österreichischen Niederlande gegen eine mögliche Erweiterung durch Frankreich dar. Aus diesem Grund wurden die von Marschall Vauban errichteten Befestigungsanlagen verstärkt und vergrößert. Die äußere Befestigungsanlage wurde ausgebaut und ein fast 25 km langes Kasemattennetz in den Festungsfelsen geschlagen.

Im Jahr 1795 - die Festung war indessen von dem französischen Politiker und Ingenieur Carnot als der sicherste Ort der Welt mit Ausnahme von Gibraltar bezeichnet worden - erfolgte die Kapitulation vor den Armeen der französischen Republik nach einer Blockade und Belagerung von elf Monaten. Unter der Bezeichnung „Département des forêts“ (Departement der Wälder) wurde das Herzogtum Luxemburg in die französische Republik und später in das französische Reich eingegliedert.

Souveränität, Neutralität, Unabhängigkeit

Drei Schlüsseldaten sind für den Geschichtsverlauf im 19. Jahrhundert prägend:

Im Jahr 1815 wurde während des Wiener Kongresses die Souveränität des Landes ausgerufen und Luxemburg zum Großherzogtum erhoben. Der König der Niederlande wurde in Personalunion zum Großherzog von Luxemburg ernannt. Zur gleichen Zeit wurde die Stadt zur Bundesfestung und nahm eine preußische Garnison auf.

In Folge der Belgischen Revolution wurde der wallonische Teil des Großherzogtums 1839 abgespalten und zur belgischen Provinz Luxemburg ernannt. Das Großherzogtum erlangte in seiner heutigen Form die Unabhängigkeit.

Bei der Konferenz von London im Jahr 1867 wurde die Neutralität Luxemburgs ausgerufen, worauf sich die preußische Garnison zurückzog und die Festung abgebaut wurde. Die Befestigungsanlage von Luxemburg erstreckte sich damals über 180 Hektar, während sich die Ausdehnung des eigentlichen Stadtgebiets nur auf 120 Hektar belief. Die Gesamtlänge der unterirdischen Befestigungsanlagen belief sich auf 23 km, wovon 10 km noch heute zugänglich sind.

Der Rückbau der Festung zog sich über 16 Jahre hinweg und kostete über 1,5 Millionen Goldfranken. Mit dem Verschwinden der Befestigungsanlage in der Oberstadt – insbesondere an der Stelle der heutigen Boulevard Royal und Boulevard du Prince Henri sowie an der Stelle des aktuellen Bahnhofviertels – entstanden neue Stadtviertel sowie Parks und Promenaden.

Ein Jahrzehnt zuvor war mit dem Bau der Eisenbahnstrecke bereits eine erste Lücke in der Festung entstanden. Auf Verlangen der Militärbehörden war der Hauptbahnhof außerhalb der Stadt errichtet worden. Die Bahnlinien, die dorthin führten, passierten das Stadtgebiet in Reichweite der Kanonen der Garnison. Die Gleise wurden mit Viadukten über die Schluchten hinweg geführt, welche der Stadt Luxemburg auch heute noch einen besonderen Charme verleihen.

Im Jahr 1903 wurde der Bau der Adolphe-Brücke eingeleitet und somit ein bereits seit Jahrhunderten bestehendes, ambitioniertes Projekt umgesetzt: die Vergrößerung der Stadt in Richtung der Felder des Plateau Bourbon, die ab dem Moment ihrer Erschließung schnell besiedelt waren. Parallel dazu wurden die neuen Stadtviertel Belair und Limpertsberg entwickelt. Ebenfalls in diesem Zeitraum wurden in Luxemburg die ersten modernen öffentlichen Dienste bereitgestellt: Straßenbahnen, Gaswerk, Elektrizitätswerk, Schlachthof, Service Eaux, Dienststelle Wasserversorgung, Kanalisation und Abwasserleitungen.

Zweimal erlebte die Entwicklung der Stadt Luxemburg noch erhebliche Rückschläge. Zwischen 1914 und 1918 sowie zwischen 1940 und 1944 belagerten die deutschen Truppen das Land und seine Hauptstadt. In der Zeit nach 1945 konnte die Stadt endlich ihre durch Kriege und Invasionen geprägte Vergangenheit hinter sich lassen und Neuem entgegenblicken.

Heute

Heute ist die Stadt Luxemburg eine kosmopolitische, gesellige und moderne Stadt mit zahlreichen Stärken. Viele Menschen unterstreichen die Einzigartigkeit und Modernität der Stadt und erachten sie als den anderen europäischen Hauptstädten ebenbürtig. Alles in allem handelt es sich um eine lebendige Stadt, die der heutigen Zeit entspricht und sich gleichzeitig eine humane Größe erhalten hat.

Der Stadt wurde eine besondere Ehre zuteil, als die UNESCO im Dezember 1994 die Überreste der Befestigungsanlage sowie die alten Stadtviertel in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen hat.

Natürlich muss auch die europäische Einbindung der Stadt Luxemburg erwähnt werden. Die Luxemburgerinnen und Luxemburger sind stolz darauf, dass ihre Hauptstadt das Geburtshaus eines der Gründerväter Europas beherbergt. In der Tat wurde der 1886 geborene französische Außenminister Robert Schuman, dessen Mutter aus Luxemburg stammte, in den Schulen der Stadt ausgebildet.

Stadtansichten von 2004 und 2022