Kontext
Die Stadtentwicklung im Großherzogtum Luxemburg ist seit Jahren einem erheblichen Druck ausgesetzt, der vor allem auf ein extrem dynamisches Wirtschaftswachstum und die damit zusammenhängende starke Immigration zurückzuführen ist.
Als politisches, wirtschaftliches und kulturelles Zentrum des Großherzogtums ist die Stadt Luxemburg von dieser Entwicklung besonders betroffen, auch wenn die hiermit einhergehende Ausdehnung der Besiedlung schon jetzt vornehmlich außerhalb der Gemeindegrenzen erfolgt.
Die positive wirtschaftliche Entwicklung des Landes hat auch ihre Schattenseiten, wie z. B. der Anstieg der Grundstückspreise, die Verkehrsverdichtung oder die selektive Bevölkerungsabwanderung, die sich vor allem in der Hauptstadt zeigen.
Um diese Herausforderungen zu meistern und die Weichen für eine Stadt zu stellen, in der es sich gut leben lässt, ist die Erstellung eines integrierten Entwicklungsplans erforderlich, der auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sowie mit den sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Kriterien vereinbar ist.
Zielsetzung
Die Städte und Gemeinden befinden sich in einem ständigen Wandel. Vor allem in florierenden Gebieten müssen zahlreiche interaktive Parameter und konstante Nutzungskonflikte gelöst werden. Hinzu kommen neue Elemente der Besiedlung, die möglichst reibungslos in bestehende Strukturen integriert werden sollten, während andere Gebiete brachfallen und einer ausgeklügelten Wiederbelebungsstrategie bedürfen.
Soll in die Stadtentwicklung mithilfe eines Plans eingegriffen werden, so muss diese kontinuierlich beobachtet werden, damit die Steuerung übernommen und zum richtigen Zeitpunkt gehandelt werden kann. Es bedarf einer kontinuierlichen Überprüfung, in welchem Maße die Stadt von gestern und heute den Anforderungen von morgen genügen kann. Um einer positiven Entwicklung langfristig den Weg zu ebnen, ist eine vorausschauende Bewertung möglicher zukünftiger Entwicklungen erforderlich, in erster Linie um nicht übereilt zu agieren, sondern eher eine offensive Haltung einzunehmen. Vor diesem Hintergrund sollten auch die Auswirkungen von Megatrends auf den öffentlichen Raum (auf nationaler wie auch internationaler Ebene) in Bezug auf den jeweiligen Standort beurteilt werden, wie beispielsweise die Globalisierung oder der Wandel der Industrienationen hin zur Wissensgesellschaft (zusammen mit der Verlagerung der Produktion in den Osten).
Eine Neubewertung des errichteten Standorts alle 10 bis 15 Jahre gilt daher als sinnvoll. (In welchem Stadium befindet sich die Stadt? Welches sind die Herausforderungen der Zukunft? Wie soll mithilfe eines Plans darauf reagiert werden?) Ein solches Verfahren eignet sich besonders in Phasen des tiefgreifenden Wandels.
In einer Phase des Wohlstands, in der sich die Grenzen des Wachstums in der steigenden Anzahl der Bevölkerung, der Arbeitsstellen und der Pendler/innen niederschlagen, hat sich die Stadt Luxemburg für die Erstellung eines Stadtentwicklungskonzepts entschieden. Es geht darum, die Stadt in Bezug auf alle Aspekte operativ, funktionstüchtig und leistungsfähig für die Zukunft zu machen. Der Stadtentwicklungsplan behandelt sämtliche Elemente, die Auswirkungen auf Raum und Fläche haben (Siedlungsgebiete, Verkehrsinfrastrukturen usw.), sowie Fragen zur Gestaltung der Standorte (Pflegeeinrichtungen, Schulen usw.).
Das aktuelle Stadtentwicklungskonzept zielt darauf ab:
- Konfliktzonen und bestehende Aktionsbereiche zu identifizieren
- Herausforderungen mittelfristig zu ermitteln
- eine Vielzahl der laufenden Projekte, der erforderlichen Maßnahmen und der Konzeptpräsentationen zu organisieren und diese aufeinander abzustimmen (Bestandsaufnahme bestehender und neuer Elemente im Stadtentwicklungsprozess; Wo stellt der Wettbewerb der Gemeinden untereinander eine Gefahr dar? Welche Projekte bereichern sich gegenseitig?)
- den Handlungsspielraum aufzuzeigen und Ziele für die Entwicklung der Besiedelung zu definieren
- die Schlüsselprojekte zu bestimmen und eine Route für die kommenden Jahre zu definieren (Wie kann insbesondere die Stadtentwicklung vorangetrieben werden? Welche Hindernisse müssen überwunden werden? Auf welchen Grundlagen muss die Stadt des Jahres 2020 entwickelt werden?)
Konzept
Das Stadtentwicklungskonzept gibt der Entwicklung auf Gemeindeebene für die nächsten 10 bis 15 Jahre einen Rahmen. Es wird aus einem globalen urbanen Blickwinkel, der eine globale strategische Ausrichtung erlaubt, präsentiert und enthält die für den Wohlstand und die Nachhaltigkeit der gesamten Stadt entscheidenden Schlüsselprojekte. Es geht im Kern darum, im Sinne einer Besiedlungsphilosophie (z. B. „interne Entwicklung vor externer Entwicklung“) die zukünftigen Ausdehnungsgebiete für Wohnraum und Industrie zu bestimmen, ebenso wie die Elemente für ein intelligentes Verkehrsmanagement, alternative Standorte für wichtige Einrichtungen (z. B. Universitäten), Ansätze für die Entwicklung von Gebieten, für die dringender Handlungsbedarf besteht (z. B. der Hauptbahnhof), sowie Elemente zur Verbesserung der Lebensqualität in den Stadtteilen (erweitertes städtisches Vertriebsnetz, gesunde Bedingungen für Wohnen und Erholung im öffentlichen Raum). Aufgrund seiner globalen städtischen Perspektive und der damit einhergehenden übergeordneten Dimension behandelt das Stadtentwicklungskonzept nicht im Detail Aspekte wie etwa die Gestaltung einzelner Fußgängerüberwege oder die Sanierung bestimmter Gebäude. Die Inhalte der Bezirksmasterpläne sollen dabei nicht obsolet werden, denn diese sind ebenfalls Bestandteil des globalen Arbeitsplans „Stadtentwicklung der Stadt Luxemburg“. Demgegenüber konzentriert sich das Stadtentwicklungskonzept auf die übergeordneten, mittel- und langfristigen Leitlinien dieser Entwicklung. Auch liefert es eine praktische Zusammenfassung der universalen Aussagen, die aus den Bezirksmasterplänen hervorgegangen sind.
Der Urbanisierungsplan stellt allgemein einen Kompromiss zwischen verschiedenen Nutzungsanforderungen und potenziell verfügbaren Flächen dar. Hierbei ist das Ziel, die Rahmenbedingungen für eine funktionale und nachhaltige Stadt zu entwickeln.
Dieses Stadtentwicklungskonzept repräsentiert eine Zukunftsvision für 2020. Der Handlungsspielraum in diesem Zusammenhang ist immens. Die vorgeschlagenen Ansätze lassen sich nicht „von heute auf morgen“ umsetzen. Wichtig ist es, jetzt die Weichen zu stellen, damit zukünftige Fehlentwicklungen vermieden werden können. Die Stadt der Zukunft muss schrittweise entwickelt werden. Dabei gibt es Maßnahmen, die relativ schnell umgesetzt werden können und müssen. In einigen Fällen ist es beispielsweise nötig, sofort die allgemeinen Bedingungen festzulegen, damit mittelfristig Resultate folgen können (Beispiel: Zug, Tram). In anderen Fällen ist eine stufenweise Entwicklung erforderlich.
Aus der aktuellen Perspektive heraus ist es bei zahlreichen Entwicklungen nicht möglich, eine abschließende Beurteilung vorzunehmen. Angesichts des langfristigen Horizonts des Konzepts erfordern die sich ändernden oder heute unvorhersehbaren allgemeinen Bedingungen selbstverständlich Korrekturen. Dieses Stadtentwicklungskonzept ist kein Rezept, das von heute an bis 2020 angewandt werden muss: Vielmehr ist es erforderlich, die Gültigkeit des Konzepts im Hinblick auf den veränderlichen Kontext einer ständigen Überprüfung zu unterziehen und es ggf. zu ändern, beizubehalten oder zu perfektionieren.
Verfahren
Das Stadtentwicklungskonzept ist das Ergebnis jahrelanger Arbeit mit verschiedenen Überarbeitungs- und Rückkoppelungsphasen. Es besteht aus dem Dokument Stadtentwicklungskonzept mit Texten und Plänen sowie den Bezirksmasterplänen für die verschiedenen Stadtteile. Grundlage hierfür war der Bericht zur Stadtentwicklung (September 2003), mit welchem eine Bestandsaufnahme in Form einer umfassenden Bilanz erfolgt ist und aktuelle Tendenzen aufgezeigt wurden. Auch wurden hier die Stärken und Schwächen hervorgehoben und die Grundlinien und Zielsetzungen erörtert. Mit diesem Bericht hat sich die Stadt Luxemburg nicht zum ersten Mal mit der Stadtentwicklung befasst. Der Bericht ist vielmehr als zentrales Element einer kontinuierlichen Entwicklung aufzufassen, wie auch die Stadtentwicklung traditionell in einer kontinuierlichen Entwicklung begriffen ist.
Die Erklärung des Schöffenrats vom 31. Januar 2000 hat bereits den Willen der politischen Verantwortlichen der Stadt Luxemburg zum Ausdruck gebracht, sich zukünftig noch intensiver mit der Stadtentwicklung zu befassen. Seitdem wurden ein Konzept für die Stadtentwicklung in Luxemburg erstellt und ein Seminar zur Stadtentwicklung und zum Regionalplan veranstaltet. Letzteres diente dem Erfahrungsaustausch mit Experten aus ausländischen Städten mit vergleichbaren Bedingungen (Bern, Heidelberg und die Region Nantes). Auch fand ein Rundtischgespräch mit Diskussionsrunde im Plenum statt, und der regionale Plan für das „Zentrum Süd“ entstand im Rahmen einer gemeinsamen Initiative mit dem Ministerium für Raumplanung. Diese wichtigen Vorarbeiten sollen es erlauben, über den Tellerrand hinauszublicken, und die engen und vor allem wichtigen territorialen und funktionalen Verflechtungen der Stadt Luxemburg mit der Region „Zentrum Süd“ miteinzubeziehen.
Die Erstellung von Bezirksmasterplänen, die die Analyse und Planung auf Ebene der einzelnen Stadtteile ermöglichen, wurde in einer weiteren Etappe 2003/2004 vorgenommen. Die detaillierte Analyse auf Stadtteilebene hat außerdem als Richtmaß für die direkte und intensive Bürgerbeteiligung gedient und ist für die Akzeptanz und Unterstützung des kontinuierlichen Stadtentwicklungsprozesses von großer Bedeutung (Stichwort: Identifikation).
Aufgrund der Vielschichtigkeit der Phasen bei der Stadtentwicklung, der nur partiell gegebenen und dennoch höchst komplexen Beziehungen zwischen einzelnen Gebieten (z. B. in Bezug auf die Entwicklung der Bevölkerungsdichte und des Verkehrs), wie auch der verschiedenen räumlichen Kriterien (vom Stadtviertel bis zur internationalen Dimension) und insbesondere der Größe der Stadt Luxemburg scheint es angemessen, die Bürgerinnen und Bürger auf Ebene der Stadtteile und somit in Bezug auf ihr eigenes Lebensumfeld zu beteiligen. Den Experten aus den einzelnen Stadtteilen sind im Allgemeinen die Stärken, Schwächen und Bedürfnisse in Bezug auf das Alltagsleben unter den gegebenen Bedingungen bekannt. Darüber hinaus ist auch unabhängig von den theoretischen Ansätzen zur Stadtplanung so eine bessere Beurteilung der tatsächlichen Bedürfnisse möglich. Die Bürgerbeteiligung erfolgte in Form eines per Postwurfsendung verteilten Fragebogens sowie im Rahmen von Workshops unter dem Motto „Zukunftswerkstatt“, an denen die Bürgerinnen und Bürger teilnehmen konnten. Die Ergebnisse wurden von verschiedenen Planungsbüros ausgewertet und im Rahmen der Bezirksmasterpläne je nach Bedeutung angewandt.
Die Bezirksmasterpläne stellen aufgrund ihrer Berücksichtigung der verschiedenen Stadtteile in allen Einzelheiten den Grundpfeiler des Stadtentwicklungskonzepts dar. Sie bieten eine detaillierte Übersicht über den aktuellen Stand, die es erlaubt, „aus globaler Sicht der Stadt“ Aktionsbereiche und Projekte zu identifizieren. Teilweise sind sie jedoch auch widersprüchlich.
Ausgangsbasis für das Gesamtkonzept bilden die in den Bezirksmasterplänen herausgestellten Probleme, sowie die Aspekte, für die Handlungsbedarf besteht, neben den von den Stadtplanern festgestellten langfristigen Bedürfnisse der Stadt insgesamt. Die Bezirksmasterpläne mitsamt ihrer für die einzelnen Stadtteile entwickelten Teilkonzepte sind Bestandteile des Gesamtkonzepts. Aus den Veränderungen der Größenordnung ergibt sich jedoch eine Lücke zwischen den Bezirksmasterplänen und dem Stadtentwicklungskonzept: Das Gesamtkonzept bietet keine Lösung für sämtliche Probleme und keine Antwort für alle in den Masterplänen aufgeworfenen Fragen. Zudem enthält es keine konkreten Gestaltungsvorgaben (z. B. für Fußgängerstreifen oder die Platzgestaltung).
Die Bezirksmasterpläne sind zudem als „Datenbank“ für die spätere Entwicklung erforderlicher Pläne anzusehen. Die erarbeiteten Inhalte stellen eine hervorragende Basis für die zukünftige Entwicklung von Planvorschlägen dar.
Neben den Bezirksmasterplänen sind auch übergeordnete Planungskonzepte in das Gesamtkonzept eingeflossen, nämlich insbesondere das Concept intégré de trafic et d'aménagement du territoire (Integriertes Verkehrs- und Landesplanungskonzept, IVL) und der Regionalplan „Zentrum Süd“, aber auch das Programme directeur d'aménagement du territoire (Masterplan zur Landesplanung, kurz: „Programme Directeur“) und die hiervon abhängigen Sektorenpläne sowie Aktivitäten in der Großregion. Die entsprechenden Unterlagen wurden zu diesem Zweck ausgewertet und es fanden Gespräche mit den Verantwortlichen der verschiedenen Sektoren statt. (Umgekehrt muss das Stadtentwicklungskonzept in Zukunft auch im Rahmen der oben genannten Pläne gemäß dem Gegenstromprinzip berücksichtigt werden.)
Im Endergebnis ist das Stadtentwicklungskonzept kein obligatorischer Plan. Es versteht sich als Querschnitt und strategischer Plan, das im luxemburgischen Planungssystem verankert ist und Empfehlungen liefert. Es handelt sich um einen informellen Plan, der anderen obligatorischen Plänen als Rahmen dient. Ebenso stellt das Stadtentwicklungskonzept nur ein Element dar und ist nicht als Endziel des Stadtentwicklungsprozesses anzusehen. Das Stadtentwicklungskonzept erfordert eine kohärente Umsetzung in Form von Plänen und obligatorischen Projekten.