Beschreibung

Evrard Ketten (1842–1912) war einer der wichtigsten Rosenzüchter, die sich in der Avenue de la Faïencerie niedergelassen hatten. Er war Mitglied im Komitee des Grossherzoglichen Acker-und Gartenbau-Vereins und Präsident der Confrérie St-Fiacre, von 1887 bis 1912 Gemeinderatsmitglied und Präsident der Finanzkommission der Stadt Luxemburg. Außerdem gehörte er der luxemburgischen Gesellschaft der Naturforscher an. Ketten engagierte sich für das Bauprojekt Limpertsberg, die Errichtung einer Grundschule und einer Kirche für das Stadtviertel. Dennoch ist Evrard Ketten als Geschäftsmann in die Geschichte eingegangen. Seine Verdienste um den wichtigen nationalen Wirtschaftszweig der Rosenzucht brachten ihm hohe Auszeichnungen ein, beispielsweise wurde er zum Ritter des Ordens Leopold von Belgien geschlagen. Evrard Ketten war Schüler der Rosenzüchter Soupert und Notting. 1869 gründete er ein Gartenbauunternehmen, das alle Gartenarbeiten abdeckte. Es kümmerte sich um Obstbäume ebenso wie um Nutz- und Zierbäume oder -sträucher, sowie Blumen und Gemüse. „Evrard Ketten et Jean Holss“ plante auch neue Gärten und setzte die Pläne um bzw. leitete die Arbeiten, von der Einebnung des Geländes bis hin zur Fertigstellung. Nachdem er sich mit seinen Brüdern Jean (1857–1892) und Mathias (1855–1947) auf die Züchtung von Rosen spezialisiert hatte, wurde „Ketten Frères“ 1874 auf der Luxemburger Gartenbauausstellung erstmals mit einer Silbermedaille ausgezeichnet. 1883 erhielt das Unternehmen auf der Rosenausstellung in Mons die Goldmedaille. Im Jahr 1885 wurde der Firma „Ketten Frères“ bei der Weltausstellung in Antwerpen eine Goldmedaille für ihre Kollektion von 100 Rosenstöcken derselben Sorte verliehen. 1888 folgte ein zweiter Preis für eine Kollektion von 150 Rosen beim Concours des Roses in Brüssel. In den Jahren 1889 und 1900 war die höchste Auszeichnung jeweils die Goldmedaille auf der Pariser Weltausstellung. Mit einer Goldmedaille auf der Gartenbauausstellung in Nancy im Jahr 1903 wurde der Erfolg fortgesetzt. 1908 war Evrard Ketten Juror bei der Blumenausstellung in Gent. Bis 1905 erhielt sein Unternehmen über 100 Auszeichnungen. „Ketten Frères“ gehörte zur Vertretung Luxemburgs auf der Exposition des Arts Décoratifs in Paris 1925. Die Kreation der Rose „Grande-Duchesse Charlotte“ wurde 1938 mit der Goldmedaille des „Prix de Rome“ ausgezeichnet.

Die Gesellschaft „Ketten Frères & Comp“ wurde als wichtiges Industrieunternehmen im Jahr 1885 an die Wasserversorgung der Stadt Luxemburg angeschlossen. Diese Erleichterung steigerte die Produktion erheblich. In der Gegend Oberkerschen baute das Unternehmen ab 1890 Torfmoos zur Präparierung der Rosen für Fernlieferungen ab. Evrard Ketten war unter anderem tatkräftig an der Pflanzung der Rosen im Garten des Zaren in St. Petersburg beteiligt. 1892 machten die zur Vermehrung der Rosen in den Plantagen benötigten Bienenstöcke großen Eindruck auf Großherzog Adolphe. Die Pflanzfelder erstreckten sich über eine Fläche von mehr als 15 Hektar. Zur Vermehrung und Überwinterung der Rosen gab es fünf große Gewächshäuser. Fünf gut beleuchtete, belüftete und frostsichere unterirdische Anlagen von 30 m Länge und 8 m Breite ermöglichten die Überwinterung der Rosen für den Versand im Winter und Frühjahr in alle Teile der Welt. Um 1905 pflanzte das Etablissement 400 000 bis 500 000 Hagebutten-Setzlinge für die Vermehrung von Zwergrosen und 100 000 Hundsrosen für die Vermehrung von Stammrosen. In dem 1922 weltweit versandten Katalog wurden 1500 Rosensorten angeboten. Die Firma verfügte je nach Saison über 30 bis 50 Arbeiter. Evrard Ketten gründete 1910 eine neue Firma – „Ketten Frères –, die er gemeinsam mit seiner Nichte Marguerite Ketten und seinem Sohn Jean, einem Landschaftsarchitekten, leitete. Sein Unternehmen genoss internationalen Ruf und bestand bis 1948. 1938 benannte die Stadt Luxemburg eine Straße im Limpertsberg nach Evrard Ketten.