In öffentlicher Sitzung

1. Fragen der Mitglieder des Gemeinderats

2. Verkehr: endgültige Änderungen des Verkehrsreglements – zeitlich befristete Reglemente – Bestätigung zeitlich befristeter Reglemente – Beschlussfassung

3. Verträge – Billigung

4. Kostenvoranschläge – Billigung

  • Neugestaltung der Rue Nicolas Steffen Pierret
  • Projekt zur Erneuerung der Trinkwasserfassung S04 in Siweburen 

5. Stadtplanung: Beschlussfassung

  • Punktuelle Änderung des PAP „Rue Joseph Hansen“ (vereinfachtes Verfahren)
  • Einstufung des Gebäudes in der Avenue du Dix Septembre Nr. 84 als nationales Kulturgut
  • Einstufung des Gebäudes in der Rue de la Poste Nr. 30 (Café „Um Piquet“) als nationales Kulturgut
  • Parzellierung von Grundstücken gemäß Art. 29 des Kommunalplanungsgesetzes (Loi concernant l'aménagement communal et le développement urbain)

6. Mehrjähriger Finanzplan – Vortrag

7. Gewährung außerordentlicher Zuschüsse – Beschlussfassung

8. Rechtsangelegenheiten: Klagebefugnisse – Beschlussfassung

9. Schaffung/Streichung von Stellen – Beschlussfassung

In nichtöffentlicher Sitzung

10. Office social: Personalangelegenheiten – Stellungnahme

11. Personalangelegenheiten: Beschlussfassung

Live-Übertragung der Sitzungen

Schauen Sie das Video dieser Sitzung an.

Analytischer Bericht

Der analytische Bericht enthält die vom Gemeinderat abgehaltenen Diskussionen und getroffenen Entscheidungen. Er dient den Bürgerinnen und Bürgern der Hauptstadt als wichtiges Informationsmittel, das es ihnen ermöglicht, sich über diejenigen Projekte und Maßnahmen zu informieren, die Auswirkungen auf ihr Alltagsleben haben.

Der analytische Bericht dieser Sitzung wird zeitnah bereitgestellt.

Von den Gemeinderatsmitgliedern gestellte Fragen

Äußerungen eines Mitglieds des Schöffenrats (dringliche Frage der Fraktion déi Gréng)

Dringliche Frage von François Benoy

Wie viele Mitbürger/innen, insbesondere der Vorsitzende der Menschenrechtskommission, bin ich empört über die unmenschlichen, rassistischen, minderheitenfeindlichen, antieuropäischen und populistischen Äußerungen von Schöffin Beissel, die am 23. Januar 2024 in ihrer Sendung „Riicht eraus“ auf apart TV bzw. auf youtube veröffentlicht wurden. Auf RTL fügte sie am 21. Februar 2024 Äußerungen über die Einschränkung der Freiheit und gegen die Freizügigkeit in der Europäischen Union hinzu.

Da „Riicht eraus“ eine eigenproduzierte Sendung ist, die im Voraus vorbereitet und zur Veröffentlichung freigegeben wird, ist die Aussage „Ech hunn dat esou am Eifer des Gefechts gesot“ wenig glaubwürdig. Nach der Intervention des Vorsitzenden der DP (RTL, 21.2.24) entschuldigte sich Frau Schöffin Beissel auf wenig überzeugende Weise mit den Worten: „Ech entschëllege mech, an ech man dat, well dat lo ugeholl gëtt, datt dat soll gemaach ginn.“ (Radio 100,7, 20.02.24).

  • Sind Sie, Frau Bürgermeisterin, und alle anderen Mitglieder des Schöffenrats mit diesen Aussagen einverstanden? Wenn ja, in welchem Ausmaß?
  • Teilen Sie und die anderen Mitglieder des Schöffenkollegiums nicht meine Meinung, dass solche Äußerungen für ein Mitglied des Schöffenrates der Stadt Luxemburg untragbar sind?
  • Haben Sie bei der betreffenden Schöffin interveniert, um dieses untragbare Verhalten anzuprangern?
  • Kann der Schöffenrat – wissend, dass das Image der Stadt und ihrer politischen Vertreter/innen auf dem Spiel steht – garantieren, dass solche Äußerungen eines seiner Mitglieder nicht mehr vorkommen?
  • Welche Konsequenzen wird der Schöffenrat aus dieser Angelegenheit ziehen?

Antwort von Bürgermeisterin Lydie Polfer

An dem Tag, als Frau Schöffin Beissel sich entschuldigte, hatte ich mit ihr eine Diskussion über dieses Thema. Da ich Frau Beissel schon sehr lange kenne, bin ich überzeugt, dass ihre Entschuldigung aufrichtig war. Da Frau Beissel weder im Namen des Schöffenrats, noch im Namen der Stadt Luxemburg gesprochen hatte, war dieser Punkt für mich, was die Form betrifft, abgeschlossen.

Was den Inhalt der Angelegenheit betrifft, so haben wir im Gemeinderat schon oft über die bestehende Situation diskutiert, die uns seit vielen Jahren Sorgen bereitet. Wir sind sehr froh, dass wir nun Hilfe von den nationalen Behörden erhalten haben, eine Hilfe, auf die wir sehr lange gewartet hatten. Niemand kann die Existenz dieses Problems leugnen. Im Jahr 2015 äußerte sich ein bekannter Anwalt mit noch ganz anderen Worten zu diesem Thema. In dem darauffolgenden Prozess stellte das Gericht fest, „dass das Problem des organisierten Bettelns in Luxemburg-Stadt im Jahr 2010 begann“. Ein hochrangiger Polizist stellte insbesondere fest, „dass es sich um eine organisierte Bettelei handelt, die auf der untersten Ebene die Sammler, dann die Anführer, die sich in den Lagern in Frankreich in der Nähe der luxemburgischen Grenze befinden, und die wahren Anführer, die sich anderswo befinden, umfasst“. Er erklärte insbesondere, „dass das Problem nicht vor Ort in Luxemburg gestoppt werden kann, da die Personen von den wirklichen Anführern dahingeschickt und sofort ersetzt werden, wenn dies erforderlich ist.“ Eine andere Person fügte hinzu, dass „in den Jahren 2008 und 2009 eine Welle von Bettlern in der Stadt Luxemburg auftauchte, die sich insbesondere in einer verschärften Form des Bettelns manifestierte“.

Frau Negrini, Vorsitzende der Gewerkschaft der Großherzoglichen Polizei, sagte zu diesem Thema vor einigen Wochen: „Ich denke, dass es sehr wohl Beweise für diese Art von Straftaten [aggressives Betteln] gibt. Diejenigen, die in die Stadt gebracht werden, sind gezwungen, einen bestimmten Betrag zu sammeln, da sie sonst Gefahr laufen, noch mehr misshandelt zu werden. Das kann auch die Aggressivität erklären, die einige von ihnen an den Tag legen.“

Ich kann nur hoffen, dass wir gemeinsam das notwendige Verständnis für die Bekämpfung des organisierten Bettelns und damit des Menschenhandels aufbringen können. Bei der nächsten Sitzung des Comité de prévention communal werden wir Gelegenheit haben, mit Vertretern der Staatsanwaltschaft und der Polizei die Schwierigkeiten zu erörtern, denen diese Institutionen bei diesem Kampf begegnen. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass es einem Gericht in Nancy im Jahr 2021 gelungen ist, zehn Personen wegen Menschenhandels zu verurteilen. Ich kann daher nur hoffen, dass es allen zuständigen Institutionen in einer gemeinsamen Anstrengung gelingen wird, dieses Problem, das leider eine Realität ist, besser in den Griff zu bekommen.

Ich kann nicht garantieren, dass ein Mitglied des Schöffen- oder des Gemeinderats nie wieder etwas sagen wird, was andere Menschen schockieren könnte. Ich möchte betonen, dass der Anwalt, der wegen seiner Äußerungen angeklagt worden war, in erster und zweiter Instanz freigesprochen wurde. Ich hoffe, dass alle Mitglieder dieses Gremiums sich immer bewusst sind, was der eine oder andere Kollege tut. Ich möchte darauf hinweisen, dass das Strafgesetzbuch Falschaussagen verbietet. Bevor man in der Öffentlichkeit etwas sagt, sollte man sich fragen, ob man den Code pénal und den Code civil beachtet.

Aussagen eines Mitglieds des Schöffenrats (dringliche Frage der Fraktionen LSAP und déi Lénk)

„Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,

Angesichts der Dringlichkeit der Angelegenheit, der Aktualität und der Tragweite der Äußerungen bitten wir Sie, unsere dringlichen Fragen gemäß Artikel 9 der Geschäftsordnung des Gemeinderats auf die Tagesordnung der nächsten Gemeinderatssitzung zu setzen.

Vor vier Wochen hat DP-Schöffin Simone Beissel im Rahmen ihrer eigenen Sendung „Riicht eraus“ rassistische, antiziganistische, diskriminierende und falsche Äußerungen gemacht. Frau Beissel entschuldigte sich auf Facebook für diese Äußerungen, die in den sozialen Medien eine allgemeine Empörung ausgelöst hatten. Ihre Entschuldigung beschränkte sich jedoch darauf, dass sie den falschen Ton gewählt habe, ihre Worte als unangemessen empfunden werden könnten und sie all dies „im Eifer des Gefechts“ gesagt habe.

Spätestens seit dem RTL-Interview am nächsten Tag ist klar, dass die Entschuldigung offensichtlich nicht das grundlegende Problem berührte, nämlich, dass die Äußerungen auf Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung und Entmenschlichung beruhten.

Denn dabei, im Kontext einer „Entschuldigung“, zeigte Frau Beissel weder Reue noch Einsicht, als sie sich dazu herabließ, rumänische Staatsangehörige nach ihrem Aussehen zu beurteilen: „Madame Lemmer, Dir gitt jo bestëmmt och duerch d’Stad, Dir gesitt op 30 Meter, wat fir e Genre Leit do um Buedem setzen, wéi déi sech behuelen a wéi se ebe sinn.”

Es folgt ihre eigene, sehr beunruhigende Sicht des Freiheitsentzugs und vor allem ihre Ansicht über die Freizügigkeit der Europäer und die Öffnung der Grenzen innerhalb der EU, und dies als Vizepräsidentin des Ausschusses der Regionen: „De Problem ass just, dass mir keng Infrastrukture méi hunn, wann si (d'Police) de Leit soen, hei, dir musst hei fortgoen; fréier hate mir an all Kommissariat Zelle wou se provisoresch mol eng Stonn hibruecht konnte ginn, fir dass emol kéint kucken... an déi Kommissariater hu mir net méi genuch, där ginn elo neigemaach. ... an da muss ee kucke, setze mir se op d'Grenz, a vu dass d'Grenzen op sinn ass de Problem, dass se erëm direkt do sinn.“

  • Wir sind sehr besorgt über diese Äußerungen einer Schöffin des Gemeinderats der Stadt und möchten Ihnen folgende Fragen stellen:
  • Unterstützt der Schöffenrat diese Aussagen eines seiner Mitglieder? Sowohl die Aussagen, die im Rahmen der Sendung „Riicht eraus“ gemacht wurden, als auch die Äußerungen im Rahmen des Interviews auf RTL?
  • Ist der Schöffenrat der Ansicht, dass man das Recht haben könnte/sollte, eine Person in eine Zelle zu stecken, wenn sie irgendwo sitzt, wo sie nicht willkommen ist?
  • Teilt der Schöffenrat die Ansicht, dass eine bestimmte Personengruppe durch eine bestimmte Verhaltensweise definiert und darauf reduziert werden kann?
  • Ist der Schöffenrat der Ansicht, dass bettelnde EU-Bürger/innen zur Grenze gebracht und ohne weiteres Verfahren abgeschoben werden können sollten, wenn sie sich vor Gebäudeeingängen aufhalten? Ist der Schöffenrat der Meinung, dass die Öffnung der Grenzen innerhalb der EU nur für bestimmte Europäer/innen gilt?

Mit vorzüglicher Hochachtung,

Afonso Antonia, Boisanté Gabriel, Miltgen Maxime - Stater Sozialisten

Nathalie Oberweis - déi Lénk Stad“

Frage von Maxime Miltgen

Seit Mitte Dezember ist vieles geschehen und vieles wurde gesagt. Dabei liegt der Fokus leider nicht mehr auf dem Grundproblem, nämlich der wachsenden Armut. Die Lösungsvorschläge tendieren immer mehr in Richtung Populismus und reichen von Provokation bis hin zu einem autoritären Diskurs: „Wir gegen die“, bzw. „Eigenes gegen Fremdes“. Colette Mart hat in einem Facebook-Post unterstrichen, dass dies unsere Chancen, bestehende Probleme gemeinsam anzugehen, zu zerstören droht. Es geht nicht mehr nur um das Bettelverbot, sondern darum, dass wir als Gesellschaft in eine gefährliche Richtung zu rutschen drohen. Im politischen Diskurs gibt es Worte und Aussagen, die vor zehn Jahren nicht denkbar gewesen wären, und jetzt allmählich zur Normalität werden. Manche Politiker/innen aus der Mitte übernehmen ganz dezent einen Diskurs, der vor ein paar Jahren noch den extremen Parteien vorbehalten war. Warum? Weil dieser Diskurs eine Garantie dafür ist, Emotionen zu entfachen, die Gesellschaft zu spalten, und vor allem, um abzulenken von den richtigen Problemen, die unsere Parteien – und dabei schließe ich die LSAP nicht aus – nicht zu lösen vermochten. Wir rutschen ab in einen gefährlichen Diskurs, weil wir unsere Unfähigkeit, die zahlreichen wirklichen Probleme zu lösen, verstecken wollen – sei es der Mangel an erschwinglichen Wohnungen, der steigenden Armut (mit 20 Prozent Working Poor), dem Auseinanderklaffen der Schere zwischen Arm und Reich, dem enormen Ressourcenverbrauch, dem Klimawandel usw. Deshalb beschäftigen wir uns immer häufiger mit Scheinproblemen.

In der Diskussion wird in Kauf genommen, dass grundsätzliche Probleme nicht gelöst werden und der soziale Zusammenhalt immer schwächer wird, bis er zerbricht. Deshalb ist es wichtig, sich Fragen zu stellen und klar Position zu beziehen. Denn auch ohne böse Absicht können manche Aussagen, wie sie im Rahmen der Sendung „Riicht eraus“ und in einem RTL-Interview gemacht wurden – die Rede war u. a. von „Leute durchfüttern“ und „Man sieht auf 30 Meter, welche Art von Leuten da auf dem Boden sitzt, wie sie sich benehmen und wie sie eben sind“ – unserem Rechtsstaat schaden, verletzend sein, Menschen diskriminieren und zur Folge haben, dass gefährliche politische Kräfte gestärkt werden.

Frage von Nathalie Oberweis

Die Stadt gehört allen Menschen. Auch die Leute, die auf der Straße sitzen, gehören zur Stadt, genauso wie die Leute, die jeden Tag über die Grenze nach Luxemburg kommen – in einem gewissen Sinne sind auch sie Grenzgänger/innen. Die menschenverachtenden Aussagen einer politisch Verantwortlichen der Stadt Luxemburg sind inakzeptabel. Wirklich diskret sind die Aussagen, die von manchen Personen gemacht werden, übrigens nicht mehr. Ich bin auch der Meinung, dass die Entschuldigung von Schöffin Beissel eher halbherzig war. Das Problem sind die unterschwelligen rassistischen Ansichten: Zu sagen, dass eine bestimmte Gruppe von Menschen bestimmte Merkmale aufweise und sich auf eine bestimmte Art und Weise benehme, ist die Kerndefinition von Rassismus. Das hat mich schockiert, wie viele andere Menschen auch. Wir wollen vom Schöffenrat wissen, ob er sich von diesen rassistischen Ansichten distanziert. Ich frage mich, ob manche Entscheidungen, wie das Bettelverbot, nicht ebenfalls auf solchen rassistischen Ansichten basieren. Das macht mir wirklich Sorgen.

Antwort von Bürgermeisterin Lydie Polfer

Ich möchte gleich auf den Vorwurf reagieren, dass der Diskurs über das Betteln auf rassistischen Erwägungen basiere. Ich schlage der Opposition und insbesondere unseren grünen Freunden vor, sich an den ehemaligen Polizeiminister François Bausch zu wenden, um ihn zu fragen, was er sich damals dabei gedacht hat, als er am 23. Oktober 2023 ein Gesetzesprojekt über die Sicherheit eingereicht hat. Das Anliegen an sich ist durchaus berechtigt, denn es stimmt, dass diese Stadt vielen Menschen gehört – doch sie gehört auch den Leuten, die keine Angst haben wollen, durch die Straßen zu gehen. Im erwähnten Gesetzesprojekt geht es um Sicherheit, öffentliche Ordnung und Videoüberwachung in den Zügen, Bussen und in der Tram. In Artikel 7 des Gesetzesprojekts heißt es: „Seules les sanctions administratives peuvent être prévues par le ministre pour les faits suivants : […] 14. Le fait de mendier.“ Da ist also nicht die Rede von organisierter oder aggressiver Bettelei, sondern von Bettelei ganz allgemein. Als Herr Bausch Polizeiminister war, hatten wir eine sehr gute Zusammenarbeit, und er hatte es fertiggebracht, dass im Juli 2022 das Gesetz verabschiedet wurde, welches es erlaubt, dass die Polizei interveniert, wenn Personen in Eingängen von Gebäuden schlafen. Das Gesetz ist extrem klar – die Ausführung war es weniger. Die Maßnahmen zielen nicht auf eine bestimmte Gruppe von Menschen ab, sondern gründen auf Fakten: Mir liegen mindestens zwei Kilogramm Dokumente und Fotos mit Beschwerden vor. Wer versuchen kann, diese Situation wirksam zu begleiten – denn ganz in den Griff bekommen werden wir sie wohl nie –, das sind unsere nationalen Institutionen. Und dafür haben wir Gesetze. Es sind übrigens nicht der Schöffenrat oder die Bürgermeisterin, die veranlassen können, dass eine Person vorübergehend in einer Zelle untergebracht wird, sondern die Polizei, und zwar in folgenden Fällen: „La police peut procéder à la mise en détention administrative d’une personne majeure qui compromet l’ordre public ou qui constitue un danger pour elle-même ou pour autrui et en avise immédiatement le ministre ou son délégué.“ (Art. 14 des Gesetzes vom 18. Juli 2018 über die Police grand-ducale).

Was die Frage betrifft, ob der Schöffenrat die Ansicht vertritt, dass die Möglichkeit bestehen sollte, Personen über die Grenze zu setzen: Es ist nicht die Gemeinde, die entscheidet, ob sich jemand legal in Luxemburg aufhält oder nicht. Artikel 6 des Gesetzes vom 29. August 2008 über die Freizügigkeit der Personen und die Immigration sieht vor: „(1) Le citoyen de l’Union a le droit de séjourner sur le territoire pour une durée de plus de trois mois s’il satisfait à l’une des conditions suivantes:

1. il exerce en tant que travailleur une activité salariée ou une activité indépendante;

2. il dispose pour lui et pour les membres de sa famille tels que visés à l’article 12, de ressources suffisantes afin de ne pas devenir une charge pour le système d’assistance sociale, ainsi que d’une assurance maladie […]“. Dieses Gesetz stammt wie gesagt aus dem Jahr 2008 und ist also noch nicht sehr alt. Artikel 25 des Gesetzes besagt: „(1) En cas de non-respect des conditions visées à l’article 24, paragraphes (1) et (2) ou en cas d’abus de droit ou de fraude, le citoyen de l’Union et les membres de sa famille peuvent faire l’objet d’une décision de refus de séjour, d’un refus de délivrance ou de renouvellement d’une carte de séjour ou d’un retrait de celle-ci et, le cas échéant d’une décision d’éloignement.“ So viel zur rechtlichen Lage.

Ich möchte darauf hinweisen, dass keine andere Gemeinde des Landes so viel tut wie die Stadt Luxemburg, um den Menschen, die obdachlos sind, bzw. sich finanziell oder menschlich in einer schlimmen Lage befinden, zu helfen. Dabei möchte ich nur das „Bistrot Courage“ in Bonneweg und das „Bistrot social“ in der Rue Willy Goergen erwähnen – zwei Beispiele von Projekten, bei denen die Idee von der Stadt Luxemburg ausging und sie die Initiative ergriff. Es ist die Stadt Luxemburg, die den Vereinigungen, die diese Einrichtungen betreiben, Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt hat und es ist die Stadt, die das Personal bezahlt, das sich jeden Tag um die Klienten kümmert. Leider wird oft so getan, als ob diese Angebote von den betreffenden Vereinigungen ausgingen. Die Stadt hat eine Vielzahl von Projekten zugunsten der Obdachlosen lanciert. Wir brauchen uns also den Vorwurf, dass die Stadt untätig bleibe, nicht gefallen zu lassen. Wir werden unsere Bemühungen fortsetzen, um die Situationen, die ausgeartet sind, besser in den Griff zu bekommen.

Meinungs- und Pressefreiheit

Frage von Christa Brömmel

Seit einigen Jahren kursieren Gerüchte, dass die Stadt Luxemburg ihren Partnern, mit denen sie eine Konvention abgeschlossen hat, verbietet, offen mit Journalisten zu sprechen oder zu politischen Fragen Stellung zu nehmen. Ich war sehr erstaunt, als eine Journalistin in einer Reportage über die Auswirkungen des Bettelverbots auf Obdachlose, die am 22. Januar um 8.22 Uhr auf Radio 100,7 ausgestrahlt wurde, Folgendes sagte: „Eleng dierf ech awer net mat him [= der Erzieher, Herr Vujovic] schwätzen. Mat dobäi sinn de Christopher [Christof] Mann an d’Corinne Cahen vun der Stad Lëtzebuerg. Mir bleiwen dobanne sëtzen, well mat op den Terrain dierf ech als Journalistin net. Dat, fir d’Privatsphère vun de Leit ze schützen. D’Stëmmung am Raum fillt sech ugespaant un a spéitstens de Moment, an deem ech mäi Mikro op den Dësch setzen, spiert een déi déck Loft am Raum. Elo wëll hei kee méi eppes Falsches soen.”

Es besteht kein Zweifel an der Notwendigkeit, der Privatsphäre schutzbedürftiger Personen und ihrer Beziehung zu den Fachkräften des Service Streetwork eine gewisse Aufmerksamkeit zu widmen. Ein Austausch zwischen einer Journalistin und einer Fachkraft, gegebenenfalls in Anwesenheit eines Vertreters der Direktion oder der Presseabteilung, scheint jedoch durchaus im legitimen Interesse einer Journalistin zu sein. Die Anwesenheit der Schöffin oder des Dienststellenleiters kann als Einschüchterung oder Behinderung der Teilnehmenden bzw. als Einschränkung der freien Meinungsäußerung der Betroffenen und der unabhängigen Pressearbeit empfunden werden.

  • Kann der Schöffenrat bestätigen, dass die Stadt Luxemburg der Journalistin verweigert hat, allein mit dem von der Vereinigung InterActions angestellten Erzieher zu sprechen?
  • Wenn ja, sind Sie der Ansicht, dass diese Weigerung mit der Pressefreiheit vereinbar ist?
  • Ist ein mögliches Verbot, mit der Presse zu sprechen, in den Vereinbarungen spezifiziert, die die Zusammenarbeit zwischen der Stadt Luxemburg und nichtstaatlichen Akteuren des sozialen Sektors regeln, bzw. werden diese formell oder informell aufgefordert, nicht mit Journalisten oder anderen Personen zu sprechen?
  • Wie verhält es sich in anderen Bereichen, in denen die Stadt Vereinbarungen mit Vereinigungen geschlossen hat (Kultur, Sport, Bildungswesen usw.), sowie für Beamte und Angestellte der Gemeinde?
  • Wird das Schöffenkollegium diese Praxis beenden, die die Rolle der Presse behindert und gegen den Geist von Artikel 23 der Verfassung verstößt, der die freie Meinungsäußerung und die Pressefreiheit garantiert?

Antwort von Schöffin Corinne Cahen

Ich war über den Inhalt der Reportage überrascht, da ich nicht den Eindruck hatte, dass es eine drückende Atmosphäre gab. Ich möchte darauf hinweisen, dass die Direktorin von Inter-Actions ebenfalls an diesem Gespräch teilnahm. Es handelte sich um ein ganz normales Gespräch. Der Service Communication et Relations publiques teilte mir mit, dass er die Anwesenheit eines Politikers für den Fall, dass eine politische Frage gestellt wird, für notwendig erachtet. Als ehemalige Journalistin verstehe ich Ihr Anliegen voll und ganz. Ich habe der zuständigen Dienststelle gesagt, dass ich in Zukunft nur dann anwesend sein werde, wenn meine Anwesenheit ausdrücklich von dem jeweiligen Journalisten gewünscht wird. Rätin Brömmel hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Arbeit auf dem Terrain ein sehr sensibles Thema ist. Es hat uns beschäftigt, als ich Familienministerin war, und es beschäftigt uns immer noch. Es ist keinem Journalisten untersagt, mit den Streetworkern zu sprechen. Wir haben Letztere lediglich angewiesen, ihre Touren nicht in Begleitung eines Journalisten zu machen, da dies die Vertrauensbeziehung zwischen dem Klienten und dem Streetworker, die oft nur sehr langsam aufgebaut werden konnte, nachhaltig untergraben könnte.

Bekämpfung der Obdachlosigkeit

Frage von Maxime Miltgen

Armut und Obdachlosigkeit nehmen in der Stadt Luxemburg zu. Die Stadt sieht sich mit der traurigen Realität konfrontiert, dass immer mehr Menschen auf der Straße leben müssen. Um die Bürgermeisterin in diesem Zusammenhang zu zitieren: „Es gibt viel respektvollere Wege, als Menschen auf der Straße zu lassen“. Gleichzeitig betonte die Bürgermeisterin: „Unser Angebot ist riesig, wir haben sehr viele Auffangstrukturen, aber es gibt eine Reihe von Menschen, die psychiatrische und medizinische Hilfe benötigen, und dennoch stehen jede Nacht Betten zur Verfügung. Wir können den Menschen etwas anbieten, aber sie müssen es auch annehmen wollen“. Und weiter: „Wir haben es mit Menschen zu tun, die keine Hilfe annehmen wollen“.

Auf Aussagen dieser Art angesprochen, geben viele Betroffene an, dass es verschiedene Gründe gibt, warum sie nicht in eine Notunterkunft gehen wollen, wie z. B. die Aussage von Michelle auf RTL, die für sich und ihre Freunde spricht und die Gründe erläutert, warum die Gruppe lieber auf der Straße schläft als in einer Struktur der „Wanteraktioun“: „(...) Die einen sind ein bisschen sauberer, die anderen sind wirklich ziemlich eklig. Wir wollen wirklich nichts mit irgendjemandem dort zu tun haben. Und dann gibt es diejenigen, die wirklich stark drogenabhängig sind, die wirklich auf nichts mehr achten, und das ist für die anderen nicht so angenehm. Das ist genau das, was an solchen Orten passiert. Und ich halte mich zum Beispiel davon fern.“

Die Feststellungen der Bürgermeisterin und die Aussagen der Betroffenen können zu dem Schluss führen, dass die bestehenden Hilfsstrukturen nicht für alle Betroffenen eine angemessene Hilfe darstellen.

Dies ist auch die Schlussfolgerung eines zusammenfassenden Berichts der EU-Kommission über das Housing-First-Programm, in dem es heißt, dass „die Betreuung chronisch Obdachloser durch traditionelle Mechanismen sich als weniger wirksam erwiesen hat“. Die Housing-First-Gruppe wies nach einem Jahr eine hohe Verbleibquote in der Wohnung auf (93 %).

  • Da der Synthesebericht der Europäischen Kommission zeigt, dass verschiedene Pilotprojekte in der EU erfolgreich sind und eine sehr hohe Verbleibquote aufweisen, dass das finnische Modell sehr erfolgreich ist und dass dieses Modell die Forderung der Bürgermeisterin nach „einer respektvolleren Art und Weise als auf der Straße zu leben“ perfekt erfüllt: Will die Stadt das Housing-First-Modell im großen Maßstab umsetzen?
  • Hat die Stadt bereits ein eigenes Housing-First-Programm, und wenn ja, um wie viele Wohneinheiten handelt es sich?
  • Wenn nein, sind solche Projekte in Planung, und wenn ja, wann ist mit einer Vorstellung zu rechnen?
  • Wenn nein, gibt es ein oder mehrere Projekte auf dem Gebiet der Stadt Luxemburg im Rahmen des Housing-First-Projekts des Familienministeriums, und gibt es eine Zusammenarbeit zwischen der Gemeinde und dem Ministerium? Besteht die Möglichkeit, parallel dazu an eigenen Projekten zu arbeiten, um die prekäre Situation vieler Menschen schneller zu lösen?

Antwort von Schöffin Corinne Cahen

Rätin Miltgen hat zu Recht betont, dass das Wichtigste für Obdachlose ist, ein Zuhause zu haben. Die Stadt Luxemburg und ihre Partner im sozialen Bereich bieten bereits ein sehr breites und vielfältiges Angebot an Unterkünften an. Einige dieser Unterkünfte entsprechen genau der Definition von Housing First, während andere dieser Art von Unterkünften sehr nahe kommen, mit dem Unterschied, dass einige Gebäude über eine Gemeinschaftsküche verfügen.

Ich möchte daran erinnern, dass die Wohnungen des Typs Housing First den Betroffenen – die keine anderen Bedingungen erfüllen müssen, als über soziale Rechte in Luxemburg zu verfügen – zur Verfügung gestellt werden, ohne dass von ihnen verlangt wird, mit dem Konsum von Drogen oder Alkohol aufzuhören oder ihre psychiatrischen Probleme in den Griff zu bekommen.

Es gibt eine Einrichtung, die vom CNDS (Comité national de défense sociale) verwaltet wird und ausschließlich Housing-First-Unterkünfte umfasst. Eine Umfrage ergab, dass die Suchtprobleme der Klienten seit ihrem Aufenthalt in einer solchen Unterkunft stark zurückgegangen sind.

Rätin Miltgen hat zu Recht das finnische Modell erwähnt, das eine Vorbildfunktion hat und an dem sich die Stadt Luxemburg orientieren sollte.

Die Stadt Luxemburg verfügt über Hunderte von Zimmern, z. B. 105 möblierte Zimmer, die Wohnungen des Projekts „Les niches“, etwa 60 Betten im Rahmen des Projekts „Les chronifiés“ der Caritas usw. Es gibt verschiedene Niveaus von Housing-First-Wohnungen. Manche Menschen benötigen überhaupt keine Betreuung mehr, während andere Klienten die Hilfe eines Erziehers oder einer Sozialfachkraft benötigen. Im Rahmen des Projekts „Les niches“ verwaltet die Vereinigung „Jugend- an Drogenhëllef“ etwa 100 Wohnungen, in denen Personen wohnen, die drogenabhängig waren, es noch sind oder am Methadonprogramm teilnehmen und eine Betreuung benötigen.

Der Schöffenrat hat den klaren Willen, mehr Housing-First-Wohnungen zu schaffen, insbesondere durch ihre Einbeziehung in große Bauprojekte, um diese Wohnungen über das Stadtgebiet zu verteilen und die soziale Eingliederung der Betroffenen zu fördern.

Ich kenne die von Rätin Miltgen erwähnte obdachlose Person seit langem und habe einen guten Kontakt zu ihr. Sie war nicht bereit, in einer Einrichtung der Wanteraktioun zu schlafen, und zwar aufgrund der Regeln, die dort eingehalten werden müssen. Ich kann Ihnen mitteilen, dass die Stadt Luxemburg eine Lösung für sie und ihre drei Freunde finden konnten. Sie wohnen nun in einem Gebäude, das wir ihnen unter der Bedingung zur Verfügung gestellt haben, dass die Nachbarn keinen Grund zur Beschwerde haben. Wir haben beschlossen, dieses Projekt zu versuchen, da wir wissen, dass auch die betroffenen Personen in Frieden und Ruhe leben wollen.

Es gibt auch gute Nachrichten über einen Mann, der jahrelang in einem Bushäuschen in der Nähe der Kathedrale geschlafen hatte. Es dauerte Jahre, bis er die Hilfe der Streetworker annahm, doch schließlich ließ er sich dazu überreden, in eine Housing-First-Unterkunft zu ziehen. Seitdem führt er wieder ein völlig unabhängiges Leben.

Antwort von Bürgermeisterin Lydie Polfer

Wir werden im Rahmen der Kommission für Soziales, Integration und Senioren auf dieses Thema zurückkommen. Was die Frage betrifft, wie die Prozedur aussieht, wenn Bedienstete der Stadtverwaltung von der Presse angesprochen werden, hatten wir nie Probleme in dieser Hinsicht. Die Stadt Luxemburg verfügt über eine große Abteilung für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit, die bei Anfragen von Journalisten die notwendigen Informationen von den zuständigen Stellen einholt und diese so schnell wie möglich weiterleitet. Bei politischen Fragen nimmt der Schöffenrat selbst Stellung, da er die politische Verantwortung trägt. Beim monatlichen City Breakfast beantworten wir auch Fragen aller Art von Journalisten.

Artikel 13 Absatz 3 des Gemeindegesetzes (loi communale) betrifft das Initiativrecht, gemäß dem jedes einzeln agierende Mitglied des Gemeinderats der vom Schöffenrat festgesetzten Tagesordnung einen oder mehrere Punkte hinzuzufügen lassen kann, mit dem bzw. denen es den Gemeinderat befassen möchte.

Derartige Vorschläge müssen bei der Bürgermeisterin mittels eines schriftlichen und begründeten Antrags mindestens drei Tage vor der Gemeinderatssitzung eingereicht werden.